Brennpunkt internationaler Warenhandel
Grenzen mühelos zu überschreiten, das ist eines der zentralen Ziele des internationalen Warenhandels.
Brennpunkt internationaler Warenhandel
Rückblick Experience Day der Profis aus dem Import und Export
Grenzen mühelos zu überschreiten, das ist eines der zentralen Ziele des internationalen Warenhandels. Diesem Motto folgte die dieses Jahr erstmals hybrid durchgeführte Fachtagung Export/Import in besonderem Mass, indem sie die Teilnehmenden am Tagungsort Olten virtuell auf eine Weltreise an pulsierende Orte des Handels mitnahm. Wir geben Ihnen einen exklusiven Einblick hinter die Kulisse der Fachtagung, die die ganze Welt vernetzte.
Verschieben sich die Beschaffungsmärkte? Ist der Trend hin zu europäischen Lieferanten nachhaltig? Und wie wird sich der Welthandel durch die Rivalitäten zwischen China und USA verändern? Wie verändern sich die internationalen Märkte? Dies waren einige der zahlreichen Fragestellungen, die im Fokus der diesjährigen Fachtagung Export/Import standen und sowohl wirtschaftlich, unternehmerisch als auch politisch durchleuchtet wurden.
Ja, im Import und Export ist zukünftig mit mehr Hürden zu rechnen. Der globale Protektionismus nimmt seit der Finanzkrise 2009 zu, insbesondere im für die Schweiz wichtigen Exportsektor. Für Schweizer KMU stellen Handelsschranken und die Zollabwicklung häufiger eine Herausforderung dar, als noch vor wenigen Jahren. Es gibt aber auch Möglichkeiten, Hürden zu überwinden. Beispielsweise, indem man Freihandelsabkommen nutzt und/oder das Personal spezifisch weiterbildet. Zahlreiche Hürden wurden an der Tagung aufgegriffen und auch Lösungswege formuliert. Doch gestartet wurde die Tagung fulminant mit einer exklusiven Videoreportage.
Politische Entscheide mit Auswirkungen für die Industrie
Gestartet wurde die Tagung fulminant mit einer exklusiven Videoreportage zu illegalem Frachtgut (wie zum Beispiel Elfenbein mit dem Wert von ungefähr eines Einfamilienhauses, Betäubungsmittel und verbotene Waffen), das vom schweizerischen Zoll beschlagnahmt wurde. Ein bewusst gewählter Einstieg, um aufzuführen, wie wichtig die Arbeit des Grenzschutzes durch die Zollverwaltung ist. Deren Hauptaufgabe liegt nicht beim hin- und herschieben von Papieren von einer Schublade zur anderen, befand die Tagungsleiterin. Und genau so sieht es auch die eidgenössische Zollverwaltung (die mit Herr Marco Benz, dem Sektionschef Grundlagen live vom Berner Headquarter aus mittels grossem Screen zu dem laufenden Podiumgespräch dazugeschaltet wurde und einen Einblick in das wohl grösste Transformationsprojekt der Bundesverwaltung gewährte – die Digitalisierung und Neuorganisation des schweizerischen Zolls (Projekt DaziT). Mit DaziT will der Zoll die Prozesse für die Erhebung von Zöllen und Abgaben vereinfachen und durchgehend digitalisieren. Dabei wird die eidgenössische Zollverwaltung (EZV) komplett neu ausgerichtet und erhält den neuen Namen BAZG (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit). Das Publikum debattierte anschliessend vor Ort mit dem Experten für anspruchsvolle Zollrechtsfragen bei ZFEB und ehemaliger Mitarbeiter der Oberzolldirektion, Karl Strohhammer, greifbar und praxisnah über die konkreten Auswirkungen von DaziT für international tätige Schweizer Unternehmen. Dabei interessierte das Publikum insbesondere die Frage, ob das neue Zollgesetz besser oder schlechter ist für Importeure und Exporteure. Herr Strohhammer gab dazu einen direkten Einblick in das laufende Vernehmlassungverfahren zum neuen Zollgesetz.
Entwicklung globaler Märkte, Eintrittshürden überwinden
Den Teilnehmenden wurde aber auch Einblick in globale Märkte gewährt. So durchleuchtete unter anderem Nicolas Stephan (Ressortleiter Volkswirtschaft bei Swissmem) die Entwicklung der Exporte in einzelne Märkte sowie die Auswirkungen der laufenden Diskussionen im Parlament zum Abbau von Industriezöllen auf die MEM-Industrie. Genauer ins Visier genommen wurden ebenso die stockenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Indien und die BAK-Economics-Studie zur Nutzung von Freihandelsabkommen. Im Brennpunkt stand beispielsweise die Frage, was der stärkeren Nutzung von Freihandelsabkommen im Weg steht, denn aktuelle Studien belegen klar, dass die MEM-Branche innert vier Jahre nach Inkrafttreten kumuliert eine Zunahme von 19 Prozent bei den Exporten verzeichnen konnte. Als Hindernisse wurden die Komplexität der damit verbundenen Aufgabe wie die Ursprungskalkulation genannt, aber teilweise auch mangelnde Fachkenntnisse. Ein ergänzender Workshop zum Thema Warenursprung und Freihandelsabkommen schuf dabei Abhilfe.
Einig war man sich auch nach dem ergänzenden Referat zur WTO und globalen Trends durch Claudia Feusi, Aussenhandelsexpertin und Geschäftsführerin der ZFEB, dass der zunehmende Protektionismus zu einer Verschärfung der tarifären und nicht tarifären Hürden führt und bisher eher hintergründige Themen wie Freihandelsabkommen, Zollprozesse und Zollabgaben in global volatilen Zeiten vermehrt auf die Agenda von Geschäftsleitungssitzungen rücken. Die Führungsetagen in den Unternehmen sind gefordert, sich in neue Themenbereiche einzuarbeiten, die klare Verantwortungsübernahme, Strategien und Konzepte fordert. Es gilt, bereits heute Massnahmen zu treffen, da Verstösse gegen Vorschriften zu finanziellen Einbussen (zu denen es bereits zahlreiche Präsedenzfälle gibt) und das Risiko einer strafrechtlichen Verurteilung ergeben (die bedauerlicherweise auch immer mehr in die Medien gelangen). Als Unternehmen ist es daher wichtig, die konkreten substanziellen Risiken realistisch einzuschätzen und geeignete schlanke Prozesse sowie eine passende, effiziente und insbesondere gut ausgebildete Organisation zu gestalten. Es war daher nicht erstaunlich, dass sich die Teilnehmenden besonders für die Gastbeiträge von mehreren Unternehmernsvertretern interessierten, die den unverblümten Einblick in täglichen Herausforderungen in puncto Import/Export ermöglichten. Diese Diskussionen prägten auch den Erfahrungsaustausch in den Pausen vor Ort.
Hürden und unterschiedliche Ansichten
Das Jahr 2020 fordert von allen Wirtschaftsbeteiligten besonders viel Mut. Mit viel Innovationsgeist und Engagement haben zollschule.ch und procure.ch einen hybriden Fachanlass auf die Beine gestellt. Die in der Tagungs-Ausschreibung versprochene Weltreise erforderte keine Flugreise, denn die Teilnehmenden konnten sich dank Live-Schaltungen mühelos zu unterschiedlichsten Schauplätzen auf der ganzen Welt bewegen. Sei es nach China (wo Aussenminister Ignazio Cassis mit einer China-kritischen Aussage erst kürzlich für einigen politischen Wirbel sorgte) oder Argentinien (wo ein Freihandelsabkommen mit Mercosur geplant ist). Eine weitere Destination waren die USA. Hier verschaffte uns Thomas Gilgen, Präsident des von New York aus gesteuerten globalen Logistikdienstleisters Masterpiece International, einen authentischen Einblick in die amerikanische Kultur und aktuelle Themen der internationalen Transportlogistik.
Spürbar war an der Tagung deutlich, dass die Rivalität zwischen China und USA kein Gewitter ist, das vorübergehend vorüberzieht. Die amerikanische Konfrontation mit China wird sich mit einer Abwahl von Trump wohl kaum einfach erziehen. Chinas Aufstieg lässt sich nicht rückgängig machen. Längst geht es nicht mehr nur um rein politische Gegensätze und Handelsstreitigkeiten, sondern auch um geopolitische Machenschaften im Weltraum oder in Meeren. Die Weltpolitik wird daher wohl noch für viele Jahre mindestens von dieser Rivalität geprägt werden. Klar ist, dass Europa durch den Konflikt gezwungen ist, umzudenken und neue Strategien zu entwickeln.
Hinter der Kulisse: Frauenpower von A – Z
Die Fachtagung Export/Import war überraschend frisch und lebendig. Dies ist sowohl dem Publikum als auch dem professionellen Veranstaltungstechniker, Herr Thomi Kölbl, Geschäftsführer und Inhaber von Artline, aufgefallen. Obwohl am Vorabend bis Mitternacht getestet wurde, sei die Tagung dank professioneller Vorbereitung auch für ihn sehr angenehm gewesen. Vielleicht liegt dies an der Frauenpower des Organisationsteams? Fakt ist, dass unbeabsichtigt in dem üblicherweise von Männern dominierten Umfeld ausschliesslich Frauen am Werk waren, sei es bei der Anlasstechnik, Anlassorganisation oder Tagungsleitung. Zudem wurde bei den Referenten und Referentinnen auf eine gesunde Durchmischung von Altersgruppen geachtet. Abgerundet wurde die Tagung aber definitiv mit viel Frauenpower: Die Ladies in Logistics und die Ladies im Einkauf haben in einem gemeinsamen Referat kritischen Punkte bei der Zusammenarbeit mit Logistikdienstleistern auf den Punkt gebracht.
Die zahlreichen Rückmeldungen und Dankesmails an die Veranstalter lassen darauf schliessen, dass die Teilnehmenden den Tag trotz salzigen Themen genossen haben. Insbesondere die Workshops mit Insider-Informationen zu fachlichen Neuerungen seinen wertvoll gewesen. Aber auch die Möglichkeit, Fragen unkompliziert einzubringen und auch die unkomplizierte Diskussion zu kritischen Themen, wie beispielsweise die relevante Ablauf- und Aufbauorganisation in Unternehmen, auf Augenhöhe. Wer nicht dabei war, hat tatsächlich eine sehr unkomplizierte, einzigartige, lernreiche und facettenreiche Fachtagung verpasst.
Fazit für den internationalen Warenhandel von Schweizer Unternehmen
Weltweit tätige Schweizer Unternehmen unterliegen ständig steigenden Anforderungen. Es ist wichtig, die konkreten substanziellen Risiken realistisch einzuschätzen. Die Herangehensweise an die verschiedenen komplexen Themen ist jedoch nicht einfach, da das Unternehmen Massnahmen von Behörden ausgesetzt ist und auch kritische Sachverhalte geprüft werden müssen, die bisher nur wenig Aufmerksamkeit in der unternehmerischen Compliance genossen haben. Zum Beispiel das Thema Zoll und Freihandelsabkommen. Oft ist dazu externe Unterstützung nötig, da das Fachwissen im Unternehmen (noch) nicht existiert. Mit der Tagung wurde dazu ein wesentlicher Meilenstein gelegt.
Expertise für die internationale Geschäftstätigkeit von Schweizer Unternehmen.
Kontakt
ZFEB Customs & Trade Consultants
Claudia Feusi
Eichweg 6
8154 Oberglatt
044 501 17 50
claudia.feusi@zollschule.ch
http://www.zollschule.ch