Elektroautos – schaden die Förderungen der Wirtschaft?
In ganz Europa wird der Ausbau der E-Mobilität gefördert. Das setzt bestehende Wirtschaftszweige unter Druck, schafft aber neue Möglichkeiten.
In den letzten Monaten nahm der Elektroautoabsatz, nicht zuletzt dank enormer staatlicher Subventionen massiv Fahrt auf.
Batterieelektrische Fahrzeuge sind lokal emissionsfrei und für viele Staaten ein wichtiger Schritt zur CO2 Reduktion.
Über die Vor- und Nachteile von Elektroautos, sowie deren Nachhaltigkeit wird andernorts viel und hitzig debattiert. Dieser Artikel legt den Fokus auf die Auswirkungen dieser teils politischen Entscheidung auf den Wirtschaftsstandort Europa, insbesondere für den Maschinen- und Anlagenbau.
Fördern wir das Rückgrat unserer Wirtschaft zugrunde?
Der Maschinen- und Anlagenbau ist unbestritten einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Europa. Insbesondere Deutschland ist hier eine führende Industrienation mit langer Tradition. Ein wichtiger Treiber in diesem Wirtschaftszweig ist die Automobilindustrie. Laut einer Studie des Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauunternehmen (VDMA) aus dem Jahr 2019 landen 11,3% der Wertschöpfung im Maschinenbau final im Automobil. Von größerer Bedeutung für den Maschinenbau ist nur noch die Bauindustrie. Das bedeutet auch, dass von 1,07 Mio. Arbeitsplätzen im deutschen Maschinenbau rund 121.000 von der Automobilindustrie abhängig sind. (Quelle: https://vws.vdma.org/viewer/-/v2article/render/44459710).
Karosserie- und Antriebsteile, Motoren- und Getriebebau aber auch die Maschinen, die zur Herstellung dieser nötig sind, entstehen durch den Bedarf der Automobilindustrie. Doch helfen die bis zu 9.000EUR Förderung je verkauftem Elektroauto auch diese Arbeitsplätze zu sichern, oder bewirken die Förderungen das Gegenteil?
Was bedeutet es für den Maschinenbau, wenn wir den konventionellen Antriebsstrang durch einen batterieelektrischen ersetzen?
Das Elektroauto sorgt für eine Neuordnung der Zulieferstrukturen. Komplexe Verbrennungsmotoren weichen relativ einfachen Elektromotoren. Komplizierte Getriebe werden zu einfachen Untersetzungsgetrieben ohne Schaltung oder Kupplung. Einspritz- und Abgassysteme entfallen komplett.
Ein Antriebsstrang mit Verbrennungsmotor besteht aus ca. 4.000 Teilen.
(Quelle: https://www.technik-einkauf.de/technik/wie-sich-werkzeugmaschinenbauer-auf-e-mobilitaet-einstellen-127.html) Darunter Gussteile für Motoren und Zylinderblöcke, Dreh- und Frästeile wie Zahnräder und Wellen, Lager, Einspritzdüsen und mehr. Viele dieser Teile müssen komplex gefertigt und nachbehandelt werden.
Der Zusammenbau dieser Komponenten erfolgt immer noch zu großen Teilen in Handarbeit.
Elektromotoren haben einen weniger komplexen Aufbau. Waren früher der Motor und das Getriebe das Herz des Fahrzeugs, so rücken nun Batterie und Software in den Vordergrund. Die Fertigung und der Zusammenbau erfolgen vorwiegend automatisiert. Es gibt nur wenige bewegte Teile, wie Rotor- und Antriebswellen, die klassische Verarbeitungsschritte aus dem Maschinenbau benötigen. Die Batterien werden meist aus dem Ausland zugekauft, wo sie hoch automatisiert, erzeugt werden. Die Hersteller stammen vorwiegend aus Asien und den USA. Bei den Antriebskomponenten hingegen konnten sich deutsche Hersteller wie Schaeffler, ZF und Continental behaupten.
Produktionsverlagerung durch Technologiewandel?
Lange Zeit galt es undenkbar, dass chinesische Hersteller auf dem europäischen Automobilmarkt Fuß fassen. Mit der Elektromobilität hat sich das Blatt gewendet. Start-Ups und Neueinsteiger wie Nio oder XPeng mischen im Sog von Tesla die Börsen auf, während etablierte Marken ihre Fertigung nach China verlagern oder von asiatischen Unternehmen gekauft wurden.
Eines der günstigsten Einstiegsmodelle in die Elektroautomobilität ist der Dacia Spring. Basierend auf einem Modell für den chinesischen Markt und auf Kosten optimiert, ist es nicht verwunderlich, dass er komplett in China gefertigt wird. Neu ist aber, dass auch Marken aus höheren Preissegmenten in Zukunft Fahrzeuge für den europäischen Markt in China fertigen werden. Darunter Volvo und dessen E-Marke Polestar oder auch Smart Electric, BMW iX3 und der nächste Mini Cooper SE. Auch bei Nutzfahrzeugen konnten Hersteller wie BYD schon in den europäischen Markt einsteigen.
Die Investitionen von Tesla und Volkswagen in Deutschland legen zwar den Schluss nahe, dass bei höheren Stückzahlen die Fertigung in Europa wirtschaftlich ist, dennoch ist hier ein Umbruch zu erkennen.
Das Elektroauto – Eine Chance für kleine Betriebe?
Großen Betrieben fällt ein Technologiewandel schwer. Die Stückzahlen der neuen Technologie sind noch zu gering, um im gewohnten Ausmaß zu produzieren. Auch die nötige Flexibilität ist in Fabriken, die für hohe Stückzahlen ausgelegt sind, meist nicht gegeben. Vor allem Betriebe, deren Wertschöpfung vorwiegend aus der Zerspanung und den nachgelagerten Fertigungsschritten entsteht, sind von der Umstellung stark betroffen.
Hier entstehen aber auch neue Chancen für kleine Betriebe. Viele Hersteller von Elektroautos fertigen noch in sehr kleinen Serien (z.B. Nutzfahrzeuge) und benötigen dafür flexible Lohnfertiger für Schweißkonstruktionen, Frästeile und Blechteile. Auch im Rahmen der Tätigkeit des Autors, der Vermittlung von Lohnfertigern für Stahlbau und Metallteile, ist dies immer öfter zu sehen. Die Lieferanten erwähnen nicht ohne Stolz, dass Sie nun Teil des neuen Industriesektors „Elektroauto“ sind.
Zu den neuen Fertigungsteilen zählen beispielsweise Batteriebehälter, Kabelverschraubungen, Ladesäulen oder Schweißkonstruktionen für E-Nutzfahrzeuge.
Fazit – Wachstumschancen erkennen
Die Entscheidung zu Gunsten des batterielektrischen Antriebsstrangs ist bereits gefallen. Daneben wird weiterhin der konventionelle Antriebsstrang mit abnehmender Bedeutung bestehen und es werden sich weitere Alternativen in Nischen etablieren. Wer nur auf einen stagnierenden oder rückläufigen Markt setzt, muss langfristig mit Verdrängungswettbewerb und sinkenden Margen rechnen. Gerade in dieser Übergangszeit ist Flexibilität mehr denn je gefordert. Es gilt nun, die Chancen eines wachsenden, dynamischen Marktes zu nutzen. Gerade abseits von den bekannten Volumenmodellen ergeben sich hier für dynamische kleine Fertigungsbetriebe historische Möglichkeiten, sich als Automobilzulieferer zu etablieren.
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